Städte in Niedersachsen streiten um Flüchtlingshilfen
Gemeindebund kritisiert Landesregierung für ungleiche Verteilung des Fördergeldes / „Menschen auf dem Land werden im Stich gelassen“
Von Michael B. Berger
Hannover. Die kleineren Städte und Gemeinden in Niedersachsen fordern mehr Unterstützung bei der Integration von Flüchtlingen. Der Städte- und Gemeindebund kritisiert, nur die größeren Städte kämen in den Genuss von Fördergeld. „Bei uns herrscht große Verärgerung“, sagt Marco Trips, Präsident des Verbandes, in dem vorwiegend kleinere Kommunen organisiert sind. In einem Brief an Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat er diesem Ärger Luft gemacht.
Mit einem Integrationsfonds von jährlich zehn Millionen Euro will das Land Niedersachsen Städten helfen, die besonders viele Flüchtlinge aufgenommen haben. Im vergangenen Jahr profitierten Salzgitter, Delmenhorst und Wilhelmshaven in besonderem Maße von dem Programm. In den drei Städten leben überdurchschnittlich viele anerkannte Flüchtlinge. Das Land erließ sogar ein Zuzugsverbot.
Für Verärgerung beim Städte- und Gemeindebund sorgte jetzt die Tatsache, dass bei der jüngsten Verteilung des Fördergeldes wieder vor allem größere Städte bedacht wurden. Zwar floss kein Geld aus dem Fonds nach Hannover – Delmenhorst aber erhielt knapp 1,2 Millionen Euro, Salzgitter fast 3,9 Millionen Euro und Wilhelmshaven knapp 1,3 Millionen Euro.
Auch die Hansestadt Lüneburg hat 2018 von dem Programm profitiert und mehr als eine Million Euro erhalten. Dass es sich dabei um die Heimat des Städtetagspräsidenten Ulrich Mädge (SPD) handelt, machte den Ärger des Gemeindebundes nicht kleiner. Es sei deutlich geworden, „dass es sich um ein exklusives Investitionsprogramm vor allem für die kreisfreien und großen selbstständigen Städte handelt“, so Trips.
Nur elf Städte profitierten, während 932 weitere Gemeinden in Niedersachsen nichts von dem Programm hätten. „Das aufgelegte Förderprogramm wird bei vielen Menschen, die nicht in den großen Gebietskörperschaften leben, den Eindruck erzeugen, dass die kleinen Kommunen und damit die Menschen, die auf dem Land leben, von der Landesregierung im Stich gelassen werden“, heißt es in dem Brandbrief von Trips, der mit Durchschlag an Sozialministerin Carola Reimann (SPD) ging.
Trips sagte der HAZ, es sei „eine Integrationspauschale für alle“ nötig. Denn wenn es auch viele Flüchtlinge in die Großstädte gezogen habe, seien doch auch viele in den kleineren Gemeinden geblieben – „und die brauchen genauso Betreuung“. Unter den kleineren Städten haben dieses Mal Hameln (310 000 Euro), Leer (213 000 Euro), Stadthagen (274 000 Euro), Nienburg (429 000 Euro) sowie Laatzen (583 000 Euro) profitiert.
Der Städte- und Gemeindebund erneuerte zudem die Forderung der Kommunalverbände nach einem grundsätzlichen Investitionsprogramm für die Kommunen. Präsident Trips fordert für Niedersachsen etwa 1,5 Milliarden Euro. „Sie brauchen doch nur zu schauen, was in den Schulen los ist. Da müssen wir jetzt handeln und es nicht späteren Generationen überlassen.“
Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 24.12.2018