Positionen des Nds. Städte- und Gemeindebundes anlässlich der Vorlage der Novelle des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes 2021

Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens (Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund, Niedersächsischer Städtetag und Niedersächsischer Landkreistag) und dem Landesfeuerwehrverband Niedersachsen stellt der NSGB fest, dass der vom Niedersächsischen Innenministerium vorgelegte Entwurf des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes (NBrandSchG) vom 15.10.2021 insgesamt so deutlich hinter den fachlichen Erwartungen an ein modernes Brandschutzgesetz zurückbleibt, dass er in weiten Teilen abgelehnt wird. Die Landesregierung muss zunächst eine Grundsatzentscheidung treffen, für den Brandschutz in Niedersachsen sofort signifikant höhere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, um die Herausforderungen der Zukunft im Bevölkerungsschutz anzugehen und das Ehrenamt sowie die hauptamtlich Tätigen nachhaltig und nicht zu Lasten der Ausstattung in den Kommunen zu stärken.

Insbesondere die inhaltlichen Anregungen des mit viel ehren- und hauptamtlichem Aufwand in sehr kurzer Zeit im Auftrag des Niedersächsischen Landtags erarbeiteten Konzepts „Einsatzort Zukunft – Niedersachsen stellt sich den Herausforderungen der Zukunft zur Sicherstellung des Brandschutzes“ (LT-Drs. 18/3971 vom 17.6.2019) aus 2018/2019 wurden nur punktuell aufgegriffen.

Mit Blick auf die Novelle des NBrandSchG müssten folgende Punkte prioritär angegangen werden:

  • Sowohl das niedersächsische Brand- und Katastrophenschutzwesen als auch der Bevölkerungsschutz unterliegen einem stetigen Wandel. Im Hinblick darauf ist die finanzielle Verantwortung des Landes Niedersachsen im Bereich dieser Prioritäten den aktuellen Gefährdungslagen anzupassen. Vordringlich sind in Niedersachsen die Waldbrandgefahren, die Gefahren durch Vegetations- und Moorbrände sowie die Gefahr eines flächendeckenden Stromausfalls zu nennen, auch Tornados, lokale Starkregenereignisse, Sturzfluten und Hochwassergefahren nehmen u.a. durch äußere Einflüsse sowie durch den Klimawandel zu. Hierfür sind umgehend zusätzliche Ressourcen für eine wirksame landesweite Vorsorge im Brandschutz zum Beispiel durch die Anschaffung einer bedarfsgerechten Zahl von geländegängiger sowie spezialisierter Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Die im Gesetzentwurf hinterlegte Absenkung des Förderanteils des Landes bei Fahrzeugbeschaffungen auf 50 Prozent verkennt insoweit massiv die vorstehend beschriebenen Herausforderungen und ist nicht akzeptabel.
  • Die Feuerwehren sind trotz schwieriger Einsatzbedingungen und Personallage während der Corona-Krise ständig im Einsatz und wichtiges Rückgrat für den Bevölkerungsschutz. Der Feuerwehrdienst, insbesondere die Ausbildung, hat während der aktuellen Pandemie zahlreiche Einschnitte hinnehmen müssen. Daher muss zusätzlich sofort ein Corona-Hilfspaket für die Niedersächsischen Feuerwehren geschnürt werden, um die krisenbedingten Ausfälle bei Aus- und Fortbildung schnell aufholen zu können.
  • Es bedarf der Verbesserungen einer ganzheitlichen und bedarfsgerechten Aus- und Fortbildung der Angehörigen der niedersächsischen Feuerwehren auf Landesebene, um die Qualität der niedersächsischen Feuerwehrarbeit auch in Zukunft sicherzustellen sowie die bestehenden Bedarfe zu decken. Daher ist der Ausbau der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz (NABK) massiv zu beschleunigen und ihr Lehr- und Fortbildungsangebot nicht nur im Bereich des Brandschutzes, sondern auch des Katastrophenschutzes deutlich zu erhöhen. Dies war auch in der Vergangenheit stets Landesaufgabe. Insofern muss der Eingriff in die Mittel der Feuerschutzsteuer für diese Aufgaben mit dem Ende des Jahres 2021 beendet und die freiwerdenden Mittel müssen wieder für ihre originäre Zweckbestimmung, insbesondere die Anschaffung zusätzlicher Feuerwehrfahrzeuge vor Ort, zur Verfügung gestellt werden.
  • Ein effektiver Brand- und Katastrophenschutz erfordert zudem eine Modernisierung und Digitalisierung des Feuerwehrwesens. Das Ehrenamt sowie das Hauptamt in der Feuerwehr ist zu entlasten und effektiv zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Funktionsträger in den Feuerwehren. Ein konsequenter Bürokratieabbau muss durch digitale Transformation erfolgen. Dafür ist die finanzielle Hinterlegung eines entsprechenden landesweiten Projektes erforderlich, um u.a. eine zeitgemäße Verwaltungssoftware einschließlich App zur Unterstützung und Entlastung bereitzustellen.
  • Der überörtliche Brandschutz muss durch eine Optimierung bzw. Neustrukturierung der niedersächsischen Kreisfeuerwehrbereitschaften gestärkt werden. Für den überörtlichen Einsatz und Hilfeleistung in anderen Bundesländern und in Europa müssen moderne Konzepte entwickelt werden, damit unsere Feuerwehreinheiten modularer werden und schneller und zielgerichteter Hilfe leisten können.
  • Es ist dringend ein landeseigenes Förderprogramm zum Auf- bzw. Ausbau von landesweiten Warnmöglichkeiten der Bevölkerung (insbesondere Sirenen) vor Gefahrensituationen (z.B. Hochwasserlagen sowie Starkregenereignisse) erforderlich, das die unstrukturierte ad-hoc-Bundesförderung technisch sinnvoll und nachhaltig ergänzt. In dem Zusammenhang bedarf es eines bundeseinheitlichen Warnkonzeptes und der Ermittlung von Warn-Schwerpunkten in Niedersachsen, um z.B. schnell die Vorsorge gegen Hochwasserkatastrophen wie zuletzt in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen zu verbessern. Zudem sollte eine unabhängige Datenkommunikation außerhalb der kommerziellen Mobilfunknetze ertüchtigt und gefördert werden (Satellitenkommunikation). Ferner sollte das bestehende Digitalfunknetz mittelfristig modernisiert werden.
  • Es ist eine zeitnahe Modernisierung der bestehenden Feuerwehr-Verordnung (FwVO) erforderlich, um die über das Brandschutzgesetz hinausgehenden Regelungsnotwendigkeiten in einer einheitlichen Gesamtschau bewerten zu können.
  • Die Rekrutierung von Feuerwehr-Nachwuchs in allen Altersschichten zur langfristigen ehrenamtlichen Wahrnehmung der Aufgaben ist ein Grundpfeiler einer zukünftigen leistungsfähigen Feuerwehr. Das Land muss daher Sorge dafür tragen, dass über die örtlichen Aktivitäten hinaus Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass die positive Darstellung der Feuerwehren in der überregionalen Öffentlichkeit und in der gesellschaftlichen Wahrnehmung weiter stattfindet und gestärkt wird.