Die Liste von Bodenwerder

Präambel

Überbordende Bürokratie im Verhältnis der Landes- und Kommunalverwaltung und eine oft überkomplexe Fördermittelabwicklung sind eine der großen Beschwernisse der Kommunalverwaltungen. Dies betrifft insbesondere die kleineren und mittleren Gemeinden, die nicht über Verwaltungsapparate wie die Großstädte verfügen. Dies führt mittlerweile zu einer systembedingten Benachteiligung dieser Städte, Gemeinden und Samtgemeinden. Es gelingt ihnen unter immer schwierigeren Bedingungen, Fördermittel und andere Anforderungen abzuwickeln. Ich hatte dies zum Schwerpunkt meiner Bodenwerderschen Rede gemacht. Sie, lieber Herr Ministerpräsident Weil, hatten daraufhin um Hinweise gebeten, an welchen Hebeln das Land ansetzen kann, um Bürokratie abzubauen. Das Präsidium des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes möchte drei große Punkte adressieren.

 

I. Verfahrensentlastungen bei finanziellen Zuwendungen

Dienststellen des Landes benötigen eine Rechtsgrundlage, um Zahlungen an Dritte, also auch Kommunen, leisten zu können. Sofern keine fachspezifische Rechtsgrundlage vorhanden ist, wird daher regelmäßig auf die Vorgaben des §§ 44 iVm. § 23 LHO zurückgegriffen. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um kurze und knappe Normen. Tatsächlich werden diese aber von seitenlangen Verfahrensvorschriften (VV) unterfüttert, mit denen den Zuwendungsempfängern detaillierte Vorschriften über Umgang, Nachweise und Abrechnung der gewährten Mittel gemacht werden. Aufgrund ihres Charakters als VV obliegt die Anwendung, Kontrolle und vor allem die Durchsetzung dieser Normen ausschließlich dem administrativen Unterbau des Finanzministeriums und ist so dem politischen Diskussionsprozess weitgehend entzogen. Versuche, mäßigend auf den Regelungsgrad einzuwirken, sind damit regelmäßig zum Scheitern verurteilt. Während bei der Gewährung von Zuwendungen an private Dritte durchaus ein gewisses Verständnis für Rückversicherungsansprüche des Landes besteht, kann dies für Kommunen als juristische Personen des öffentlichen Rechts und staatsrechtlicher Teil des Landes jedoch nicht im selben Maße gelten. Zudem zeigt sich das vorhandene Instrumentarium gerade bei kleineren Zuwendungen als überkomplex mit einem ungünstigen Verhältnis von Kosten und Nutzen für die beantragenden und bewilligenden Körperschaften.

Wir schlagen daher vor, für finanzielle Zuwendungen des Landes an die Kommunen ein eigenes Gesetz in Form eines Zuschussgesetzes zu schaffen. Dies sollte im für kommunale Angelegenheiten zuständigen Innenministerium ressortieren. Danach sollen Landesdienststellen berechtigt werden, kommunalen Körperschaften Zuschüsse zu gewähren. Das Gesetz soll hinreichend offen gestaltet sein, um sowohl pauschale Mittelvergaben als auch Budgets zu erlauben. Es muss für antragsabhängige und freie Auszahlungen geeignet sein und grundsätzlich sowohl die Verteilung von Landes- als auch von Drittmitteln gestatten. Um diese Freiheiten in möglichst häufigen Einzelfällen auch nutzen zu können, ist eine klar umrissene Verordnungsermächtigung erforderlich, die jedoch nur im Einvernehmen mit dem Innenministerium genutzt werden darf. Vorbild für das Gesetz soll das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz sein, mit dem die KIP-Programme umgesetzt wurden.

 

II. Umstellung der Finanzhilfe für Kindertagesstätten in eine Betreuungsstundenpauschale

Die Abwicklung der Personalkostenförderung im Niedersächsischen Kindertagesstättengesetz erfolgt derzeit über die §§ 25 ff. NKiTaG sowie über weitere Detailvorschriften in einer Durchführungsverordnung. Abgewickelt wird das Verfahren über die EDV-Anwendung KiTa-Web. Das gesamte Verfahren ist überkomplex, da es unterschiedliche, über die Jahre entwickelte Aspekte der Personalkostenförderung abbilden muss. Hier werden ausgehandelte und vollkonnexitäre Personalkosten mit unterschiedlichen Zuschlägen, zum Beispiel für Integrationsgruppen kompliziert und personenbezogen abgerechnet. Bei jedem Personalwechsel ist die Abrechnung anzupassen. Dies alles ist ein riesiger Aufwand sowohl in den Gemeindeverwaltungen als auch im Kultusministerium. Für eine solche Regelung könnte ein Formulierungsvorschlag vorgelegt werden.

Dieses System könnte unabhängig von Diskussionen über eine ausreichende Höhe der Landesanteile an der KiTa-Finanzierung deutlich vereinfacht werden. Der Gesamtaufwand des Landes, der derzeit in die Personalkostenförderung fließt, könnte in ein Budget zusammengeführt werden und die Auszahlung des Landesanteils zukünftig pauschal anteilig nach den genehmigten Betreuungsstunden erfolgen. Dieser Maßstab ist eine gerechte Größe, da sie den durchschnittlichen Aufwand in den Einrichtungen gleichmäßig abbildet. Um das Verfahren insgesamt zu entzerren und die unmittelbare Versorgung mit Betreuungsleistungen nicht zu gefährden, gehört auch die Nutzung der Finanzhilfe als Sanktionsmechanismus abgeschafft. Alle Einrichtungen sind genehmigungsbedürftig, eine Sanktionierung über Erteilung und Versagung der Genehmigung ist vollkommen ausreichend.

Im Zuge einer Umstellung der Finanzierungsregelung würde es zwangsläufig zu einer Veränderung bei den einzelnen derzeitigen Auszahlungsbeträgen kommen. Um eine möglicherweise hinderliche Gewinner-Verlierer-Diskussion einschätzen zu können, schlagen wir zunächst vor, eine Probeberechnung durch das Kultusministerium vornehmen zu lassen. Sollten sich die dabei zu Tage tretenden Veränderungen in Grenzen halten, können sie durch den Bürokratieabbau gerechtfertigt sein. Dann könnte sich eine politische Diskussion anschließen.

 

III. Anpassung haushaltsrechtlicher Vorgaben an die Größe kommunaler Körperschaften

Das kommunale Haushaltsrecht ist ein mächtiges Instrumentarium, mit denen sowohl die Haushalte kleiner Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden als auch der Haushalt große Körperschaften wie der Region oder der Landeshauptstadt Hannover rechtlich geregelt sind. Dennoch enthalten die gesetzlichen Bestimmungen kaum Anknüpfungspunkte an Größe oder bewegtes finanzielles Volumen, wie sie etwa im HGB für juristische Personen des Privatrechts durchaus vorgesehen sind. Viele kleine Kommunen sehen sich daher mit überbordenden Bestimmungen konfrontiert, zumal auch hier kein ausgewogenes Verhältnis von Anforderungen und Nutzen besteht. Insofern sollte ein deutlich differenziertes Haushaltsrecht mit von der Größe einer Kommune abhängigen Vorgaben geschaffen werden.

Für kleine und mittlere Kommunen sind unbedingt absolute Ausnahmen bei der Erstellung des Gesamtjahresabschlusses vorzunehmen. Auch die Berichtspflichten müssen deutlich stärker differenziert werden. Eine Finanz- und Ergebnisrechnung sowie die Bilanz könnten auch einfach in Tabellenform vorgelegt werden. Darüber hinaus ist bei der Finanzrechnung abzuschichten. Hier reicht die Spannweite von einer Reduzierung auf 6 Sammelkonten bis zu einem vollständigen Verzicht auf die Finanzrechnung bei ganz kleinen Kommunen. Auf die Definition der wesentlichen Produkte kann bei kleinen Kommunen verzichtet, der Produktrahmen könnte größenangemessen reduziert werden.

Hannover, den 6.12.2021


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