Schreiben der Allianz Ländlicher Raum vom 30. Juni 2023 an nds. Bundestagsabgeordnete:

Niedersächsische Allianz Ländlicher Raum schlägt Alarm: Kürzung der GAK-Mittel bewirkt massive Schwächung der ländlichen Räum

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großer Sorge und höchstem Unverständnis haben wir die Ankündigung von Bundesfinanzminister Christian Lindner zur Kürzung der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) um 300 Millionen Euro zur Kenntnis genommen.

Sollte dieses Vorhaben vom Haushaltsgesetzgeber des Bundes umgesetzt werden, würden allein in Niedersachsen im kommenden Jahr rund 72 Millionen Euro (davon 60 %-Anteil des Bundes an der GAK, 40 %-Anteil des Landes an der GAK) für Förderzwecke zur Verbesserung der Agrarstruktur in den ländlichen Räumen als Lebens-, Arbeits-, Erholungs- und Naturräume entfallen.

Dies hätte die nicht hinzunehmende Konsequenz, dass mangels ausreichender Finanzmittel zahlreiche Maßnahmen und Vorhaben aus dem Bereich der integrierten ländlichen Entwicklung in Niedersachsen nicht mehr realisiert werden könnten. Dabei handelt es sich um die folgenden Bereiche:

  • Dorfentwicklung
  • Infrastrukturmaßnahmen zur Erschließung der landwirtschaftlichen Entwicklungspotentiale
  • Neuordnung ländlichen Grundbesitzes (insbesondere Unterstützung der Aktivitäten zur Moorvernässung und damit wirkungsvolle Klimaschutzaktivitäten)
  • Breitbandversorgung im ländlichen Raum
  • Dorfentwicklungspläne
  • Basisdienstleistungen
  • Kleinstunternehmen der Grundversorgung
  • Tourismus
  • Küstenschutz

Darüber hinaus würde die Kürzung der GAK-Mittel die zwingend vorgesehene Kofinanzierung von EU-Mitteln schmälern, so dass deutlich weniger Projekte aus den vorhandenen Programmen gefördert werden könnten.

Das Vorhaben des Bundesfinanzministeriums steht diametral der verfassungsrechtlich gebotenen Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse entgegen. Ohne gezielte Fördermaßnahmen würden die ländlichen Räume in Niedersachsen, insbesondere auch in strukturschwachen Bereichen, gegenüber den Ballungszentren weiter zurückfallen. Diese negativen Folgen müssen aus unserer Sicht unbedingt und zwingend vermieden werden, damit der ländliche Raum attraktiv, lebenswert und wettbewerbsfähig bleibt.

Der Bund muss die ländlichen Räume unbedingt im Fokus seiner Politik behalten. Diese Gebiete benötigen eine besondere Unterstützung. Die Menschen in der Fläche unseres Bundeslandes haben die berechtigte Erwartung an die Politik, dass  die Infrastruktur in den verschiedenen Lebensbereichen dort sichergestellt und ausgebaut werden kann. Deswegen sehen wir die ebenfalls angekündigte Kürzung der Mittel für die Städtebauförderung genauso kritisch. Ein Sparen zu Lasten der ländlichen Räume wird dazu führen, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik spürbar und messbar schwindet und denjenigen Kräften Auftrieb gibt, die wir alle nicht in politischer Verantwortung stehend sehen möchten.

Die GAK-Mittel erfassen zudem neben der Agrarstruktur auch den Küstenschutz. Daher möchten wir die Ankündigung von Bundesfinanzminister Lindner auch zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass wir vielmehr eine Ausweitung dieser Mittel für erforderlich halten, um die klimabedingt notwendigen Anpassungen der Deiche an der deutschen Nordseeküste noch zeitgerecht umzusetzen. Die bisher im Rahmen der GAK seitens des Bundes und des Landes Niedersachsen zur Verfügung gestellten Finanzmittel sind dafür ersichtlich nicht ausreichend. Eine Kürzung in diesem für den Bevölkerungsschutz an der Küste elementar wichtigen Bereich halten wir für gefährlich und unverantwortlich.

Im Koalitionsvertrag der die Bundesregierung tragenden Parteien unter Abschnitt III Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) führt die Koalition noch aus: „Orientiert an der Reform der GRW werden wir die Gemeinschaftsaufgabe neu an unseren Zielen ausrichten und setzen uns für eine überjährige und flexible Finanzierung ein. Neue Aufgaben wie Naturschutz und Klimaanpassung müssen durch zusätzliche Finanzmittel gesichert werden“. Nach 2022 wird nunmehr auch in 2023 stattdessen erneut eine deutliche Kürzung genau dieser Mittel vorgeschlagen. Entgegen der Absichtserklärungen des Koalitionsvertrages scheint es nicht mal zu gelingen, die bestehenden Bundesmittel für eine Förderung der Attraktivität von Landwirtschaft und ländlichem Raum sowie für den Küstenschutz zu erhalten. Frei nach dem Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“. Auch damit leistet Politik einen Beitrag zur allseits thematisierten Politikverdrossenheit.

Wir bitten Sie deshalb dringend darum, sich für den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur in den ländlichen Gebieten Niedersachsens einzusetzen, um einer massiven Schwächung der Fläche entgegenzuwirken.

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